Wissenschaftliche Reputation ist ein allgegenwärtiges Thema. Sie wird einerseits als Ausdruck herausragender akademischer Arbeit betrachtet, anderseits als selbst-referenzielles System mit unbegründeten Eigenlogiken kritisiert. Sie tritt als numerische Kennziffer in Erscheinung oder wirkt als symbolisches Kapital, das sich wechselseitig zwischen Forschungsinstitutionen, Verlagen, Forschenden und anderen Milieus transferieren lässt. Reputation ist – im akademischen Feld – eine omnipräsente Bewertungsschablone und möglicherweise als dessen Bedingung schwer greif- und systematisierbar. Versuche der Formalisierung, Standardisierung und Metrisierung von Reputation, um sie nachvollziehbar und rechenschaftsfähig zu machen, reduzieren angrenzende Kontroversen nicht. Vielmehr erhalten sie durch Evaluationen, Akkreditierungen und Exzellenzverfahren weitere Dimensionen.
Es ließe sich somit die Frage stellen, ob eine Kernfunktion von Reputation der Aufrechterhaltung notwendiger Auseinandersetzungen darüber dient, nach welchen Kriterien sich Wissenschaft als soziales Feld organisieren möchte. Das beinhaltet ungleiche Vorstellungen von Wissenschaftlichkeit und asymmetrisch verteilte Möglichkeiten der Partizipation an den Kontroversen. Deshalb ist es notwendig, das Thema der Reputation in disruptiven Perioden wie der digitalen Transformation neu zu verhandeln. Das zeigt sich auch bei Akteuren, die diesen dynamischen Transformationsprozessen tendenziell kritisch gegenüberstehen. Denn sie stellen etablierte Strukturen und Praktiken in Frage, welche eine lange vertraute Stabilität von Wissenschaft gewährleisteten. Zugleich ermöglicht die Tagung den Digital Humanities, die sich technischen, epistemologischen und ethischen Potenzialen solcher Transformationsprozesse verschreiben, Reputation als Gradmesser für die noch zu leistende Arbeit zu verstehen, die notwendig ist, um den Weg vom Potenzial zu einer neuen, relativ stabilen Realität zu gehen. Sie sind dazu eingeladen, an den – mit emotionalen Befindlichkeiten aufgeladenen – Diskussionen über Reputation teilzunehmen und diese mitzugestalten. Als „Essenz“ (William D. Garvey) und „harte Währung der Wissenschaft“ (Joost Kirczs) sind digitale Publikationen dafür besonders geeignet. Auf der Tagung zum zehnjährigen Bestehen der AG Digitales Publizieren im Verband Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd) mit Impulsvorträgen von Birgid Schlindwein, Ben Kaden und Gerhard Lauer möchten wir die folgenden Fragen diskutieren:
- Wie wird Reputation generiert, wahrgenommen und zugeschrieben?
- Welche Reputationskriterien existieren? Welche Rolle spielen dabei z. B. Open Science und rechtliche Rahmenbedingungen wie Datenschutz?
- Wie verändern sich Rahmenbedingungen für Reputation während einer wissenschaftlichen Laufbahn?
- In welcher Beziehung stehen Open-Access-Transformation und Reputation?
- Können und sollten etablierte bibliometrische Verfahren ein Qualitätsmerkmal darstellen?
Durchgeführt wird die Tagung als Präsenzveranstaltung. Die Vorträge werden – vorbehaltlich der Zustimmung der Referierenden – aufgezeichnet und nach der Tagung online zur Verfügung gestellt.
Ausgearbeitete Versionen der Vorträge werden nach der Tagung in einem Open-Access-Sammelband bei Melusina Press publiziert.
Die Tagung wird begleitet von Radihum20 – den Digital Humanities Podcast. Hören Sie auch gerne in den letzten Folge, in der es über die Arbeit der DHd AG Digitales Publizieren geht.
Sie wollen über die Tagung in den sozialen Medien sprechen? Dann verwenden Sie gerne den Hashtag #DigPub24.