Sep 25 – 26, 2023
Herzog August Bibliothek
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Silke Kalmer, Dario Kampkaspar, Melanie Seltmann & Kevin Wunsch (Darmstadt): Bessere Einstiege in Digitale Editionen: Nutzendenführung und Usability

Digitale Editionen bieten vielfältige Möglichkeiten zur interaktiven Nutzung der zugrundeliegenden Daten, u. a. “the opportunity to overcome the limitations of print technology” (Sahle 2016, 20). Oftmals formulieren digitale Editionen diesen Anspruch explizit. Allerdings werden sie diesem nicht immer gerecht und es werden die Grenzen der gedruckten Edition repliziert, ähnlich wie es auch beim digitalen Publizieren der Fall ist. Diese Replikation des Analogen zeigt sich nicht zuletzt bei den verschiedenen Anlaufstellen für Informationen: Zum einen werden Informationen auf der Projektwebsite bereitgehalten in Form von Daten zu den beteiligten Institutionen und den Mitarbeiter*innen, zum anderen existieren die Daten der eigentlichen Edition, die auf einem anderen Server liegt, die weiteren Projektinformationen sind hier häufig jedoch nicht vorhanden oder verknüpft.

Der Leser kann nun auf zwei Arten auf die Edition gelangen: Zum einen direkt über die Startseite der Edition selbst, die zumeist das “Deckblatt” der Edition darstellt, das zur analogen Entsprechung die Bearbeiter*innen und Institutionen nennt, ansonsten aber wenig innovativ ist. Dieser Einstieg wird wohl eher auf Personen zutreffen, die bereits anders mit der Edition in Kontakt gekommen sind oder den (direkten) Link vielleicht von einer Person aus dem Projektumfeld erhalten haben. Viel häufiger werden Einstiege jedoch über die Projektwebseite vorgenommen, was oftmals wenig intuitiv ist. Wenn hier ein direkter Einstieg durch eine Word Cloud ermöglicht wird – etwa auf eine Übersicht von Briefempfangenden –, ist das schon lobend hervorzuheben. Ein visueller Einstieg ist, trotz der vielfältigen Bibliotheken und Möglichkeiten des Web 2.0, selten möglich. Häufig befinden sich Verlinkungen zur eigentlichen Edition nur sehr versteckt nach einer ganzen Reihe von Klicks auf der Webseite, die sich bei Unkenntnis der Webseitenstruktur schier ins Unendliche ziehen.

Der Einstieg über die Projektwebseite hat den Vorteil, dass sie Informationen zu Projekt und Edition enthalten, die in der Edition selbst häufig weder vermerkt noch verknüpft sind.
Diese zwei Momente, der Start auf der „Projekt-Website“, oder der Start vom „Deckblatt“ der Edition sind die ersten Kontaktpunkte, die Nutzende mit der Edition haben. Da diese oftmals parallel voneinander existieren, sind Schwierigkeiten beim Auffinden der Edition, aber auch der Informationen zum Projekt alltäglich und stören so Forschungsinteressen.

Gemeinhin gilt der erste Eindruck als der wichtigste. Wir wollen die Frage aufwerfen, wie wir diesen ersten Eindruck von uns und unseren Editionen verbessern können und Edition
sowie Zusatzinformationen in Form einer modernen und attraktiven Forschungsumgebung
(vgl. u. a. Bender 2016) gestalten.

Eine bloße Verknüpfung der Projektwebsite mit der Edition ist jedoch keine Lösung. Ein Link mag zwar eine rudimentäre Verknüpfung der beiden Einzelteile darstellen, jedoch noch keine wirklich überzeugende Umsetzung einer Forschungsumgebung oder gar einer
“knowledge site” nach Shillingsburg (Shillingsburg 2006, 80). Eine optische Repräsentation der Edition, bereits auf der Projektwebsite, kann schon hier das Interesse der Nutzenden wecken, etwa indem verknüpfte Texte nicht stur in der klassischen Form des Inhaltsverzeichnisses gegliedert werden, sondern beispielsweise auch räumlich oder zeitlich.

Weiterhin wäre eine Gruppierung nach inhaltlichen Schlagworten möglich. Durch die
Repräsentation in Netzwerkform werden schnelle Einblicke in den Forschungsgegenstand
möglich, während der altbekannte Zeitstrahl eine grobe Ordnung vorgeben kann. Weitere
Möglichkeiten zum Einstieg ergeben sich über interaktive Register oder eine in die
Projektseite eingebundene Suchfunktion. Eine visuelle Darstellung der Edition auf der
Projekt-Website kann das Interesse der Benutzer wecken, beispielsweise durch die
Strukturierung verknüpfter Texte nicht nur in der Form eines klassischen
Inhaltsverzeichnisses, sondern auch räumlich oder zeitlich. Darüber hinaus wäre eine
Gruppierung nach inhaltlichen Stichworten möglich. Die Darstellung in Form eines
Netzwerks ermöglicht schnelle Einblicke in das Forschungsobjekt, während der altbekannte Zeitstrahl eine grobe Ordnung bieten kann. Weitere Zugriffsmöglichkeiten wären über interaktive Register oder eine in die Projektseite integrierte Suchfunktion möglich. Hierfür wären nicht nur eine tiefere Verbindung, sondern auch spezialisiertes Wissen und Informationen zum Gegenstand der Edition erforderlich, wie beispielsweise Links zu Vorträgen, Veröffentlichungen und Forschungsarbeiten. Idealerweise würde die Projekt-Website bereits eine Interaktion mit dem Quellenmaterial ermöglichen, sei es durch den Zugriff auf Texte oder durch die Möglichkeit für Benutzer, die Texte interaktiv zu erkunden.

Wir wollen zum einen verschiedene Potentiale des Digitalen ausloten, etwa über bestehende Visualisierungstools oder auch Eigenentwicklungen, zum anderen aber auch
wissenschaftliche Tools zu den Themen Nutzendenfreundlichkeit, Usability und User
Experience (CogTool, ReDeCheck) hinzuziehen, um nicht erst auf den zweiten Blick
Interesse für unsere Editionen zu wecken.

Bibliographie

Bender, M. (2016). Forschungsumgebungen in den Digital Humanities: Nutzerbedarf,
Wissenstransfer, Textualität. Berlin, Boston: De Gruyter. DOI: 10.1515/9783110463927

Sahle, P. (2016). What is a Digital Scholarly Edition? In: Matthew James Driscoll und Elena Pierazzo (Hrsg.): Digital Scholarly Editing. Theories and Practices. Cambridge, UK: Open Book Publisher, S. 19–40. DOI:  10.11647/OBP.0095.02

Shillingsburg, P. (2006). From Gutenberg to Google. Cambridge: Cambridge University
Press. DOI: 10.1017/CBO9780511617942


Digital editions offer various ways for interactive use of the underlying data, including
"the opportunity to overcome the limitations of print technology" (Sahle 2016, 20).
Digital editions often formulate this claim explicitly. However, they do not always live
up to the expectations that arise when reading this bold statement. Similar to digital
publishing, the limitations of the printed edition. This replication of the analogue is
evident not least in the various points of contact for information: On the one hand,
information is made available on the project website in the form of data on the
participating institutions and staff, and on the other hand, the data and the actual
edition exist on a different server, but the other project information is often not
available or linked here and often does not contain this data.

Oftentimes, the reader can access the digital edition in two different ways: Firstly,
directly via the homepage of the edition itself, which is usually the "cover page" of
the edition, which names the editors and institutions, but is otherwise not very
innovative. This entry point is more likely to apply to people who have already come
into contact with the edition in some other way or who may have received the (direct)
link from someone in the project environment. Much more often, however, users
access the edition through the project website, which is often not very intuitive. If the
project website offers more than a mere link, let’s say a Word Cloud, to an overview
of letter recipients - this is a very positive experience, albeit not an innovative one.
Despite the diverse libraries and possibilities of the Web 2.0, visual access is rarely
included. To further complicate things, links to the actual edition are only found very
hidden after a whole series of clicks on the website, which, if you are unfamiliar with
the website structure, can drag on ad infinitum.

Entering via the project website has the advantage that it contains information about
the project and the edition that is often neither cited nor linked in the edition itself.
The numerous disadvantages make for a less than pleasing user experience when
using the edition.

These two moments, the start on the "project website" or the start from the "cover page" of the edition are the first points of contact that users have with the edition. As these often exist in parallel, difficulties in finding the edition, but also the information about the project, are common and thus disrupt research interests.

Commonly, first impressions are considered the most important. We want to raise the question of how we can improve this first impression of ourselves and our editions and design the edition and additional information in the form of a modern and attractive research environment (cf. among others Bender 2016).

However, simply linking the project website to the edition is not a solution. A link may
represent a rudimentary connection of the two individual parts, but not yet a truly
convincing implementation of a research environment or even a "knowledge site"
according to Shillingsburg (Shillingsburg 2006, 80). A visual representation of the
edition, already on the project website, can already spark the interest of the users,
for example by structuring linked texts not just in the classic form of the table of
contents, but also, for example, spatially or temporally. Furthermore, a grouping
according to content-related keywords would be possible. Representation in network
form makes it possible to gain quick insights into the object of research, while the
familiar timeline can provide a rough order. Further possibilities for access would be
possible via interactive registers, or a search function integrated into the project
page. This would not only need a deeper connection but also more specialized
knowledge and information about the subject of the edition, such as links to talks,
publications and research papers. Ideally, the project website would already allow for
interaction with the source material, either in the way of accessing the texts or allow
users to explore the texts interactively.

On the one hand, we want to explore various potentials of the digital, for example via
existing visualization tools or our own developments, but on the other hand, we also
want to use scientific tools on the topics of user-friendliness, usability and user
experience (CogTool, ReDeCheck), so that interest in our editions is not only
sparked at second glance.


Literature

Bender, M. (2016). Forschungsumgebungen in den Digital Humanities: Nutzerbedarf,
Wissenstransfer, Textualität. Berlin, Boston: De Gruyter. DOI: 10.1515/9783110463927

Sahle, P. (2016). What is a Digital Scholarly Edition? In: Matthew James Driscoll und Elena Pierazzo (Hrsg.): Digital Scholarly Editing. Theories and Practices. Cambridge, UK: Open Book Publisher, S. 19–40. DOI:  10.11647/OBP.0095.02

Shillingsburg, P. (2006). From Gutenberg to Google. Cambridge: Cambridge University
Press. DOI: 10.1017/CBO9780511617942