Description
Edition ist mehr als die korrekte Anwendung von Regeln in Transkription,
Textkritik und Kommentierung. Der Beitrag nimmt seinen Ausgangspunkt in
einer Skizze, wie sich (digitales) Edieren schon immer zwischen
Standards, regelgeleiteter Verallgemeinerung, Forschungsfragen,
editorischen Problemene und editorischer Praxis positieren mußte. Durch
die Entwicklungen maschinellen Lernens gerät digitales Edieren nun in
ein Stadium, in dem das Erreichte der Standardisierung (TEI, IIIF, LOD),
mit der Invididualität der editorischen Praxis neu verschränken wird.
Aufbauend auf der Beobachtung, daß generische Modelle zwar einen großen
Ausschnitt editorischer Aufgaben erfüllen können, sie die Spezialisten
bestimmter Hände, inhaltlicher Zusammenhänge oder literarischer Bezüge
aber nicht ersetzen können, stellt sich die Frage, ob sich eher eine
Arbeitsteilung zwischen dem "Normalen" und dem "Speziellen" ergibt oder
eher neue Formen des Umgangs mit Unzuverlässigkeit erlernt werden
müssen. Müssen wir uns künstliche Editionen (Stutzmann) gewöhnen und sie
von digitalen kritischen Editionen zu unterscheiden lernen? Können wir
die Lösungen unserer individuellen editorischen Problemstellungen von
Maschinen erlernen lassen? Überlappt sich der etablierte Freiraum
editorischer Praxis im Einzelfall mit den statistischen Unschärfe, die
maschinell gelernten Modelle haben? Der Beitrag wird versuchen, ein Bild
zu entwerfen, wie in absehbarer Zeit, auf Maschinenlernen aufbauende
Werkzeuge und Editor:innen mit einander interagieren können.